N.A./Ryan L-17 NAvion

Ein Vergleich mit Valom N.A./Ryan L-17A/B NAvion

Constanza-Kit 807208 - Resin - 1/72

Es ist wie immer: jahrelang gab es diesen Typ überhaupt nicht als Modell und nun gleich von zwei verschiedenen Herstellern. Während CONSTANZA die Navion vor rund einem Jahr in Resin realisierte, gibt es inzwischen schon vier Kits von VALOM aus Plastik, die sich bei gleichem Inhalt allerdings nur bei Decals, Bauanleitung und Karton unterscheiden.

Vorbild: Die Navion ist hierzulande wenig bekannt, obwohl rund 2600 Navion hergestellt wurden und sogar heute noch als Rangemaster gebaut, bzw. umgebaut werden. Dafür ist die Maschine in den USA deutlich beliebter, da auch alle früheren Militärmaschinen derweil zivile Betreiber fanden. Man kann sogar von einer gewissen Fangemeinde sprechen, welche ihre Privatflugzeuge als "Warbird" oder Maschine mit militärischen Markierungen betreibt. Da heißt es aufpassen, welches Vorbild man wählt.

Interessanterweise wurde die Navion am Ende des Zweiten Weltkriegs teilweise von P-51-Konstrukteuren bei North American Aviation als NA-143 entworfen und als NA-145 in die Serie überführt. Daher auch der Name der Maschine, er kommt von North American Aviation und wurde auch einige Zeit so geschrieben, nämlich NAvion - wie im gleichnamigen Logo an den Zivilmaschinen.

Die Navion war zunächst für den zivilen Markt entwickelt, da man an einen Boom für zivile- oder "Volksflugzeuge" glaubte. Tatsächlich kam dieser zwar, aber er wurde weitgehend durch billigere, aufgrund des Kriegsendes ausgemusterte Militärflugzeuge, bedient.

Aber die U.S. Army Air Force konnte schnell als Nutzer gefunden werden, denn sie bestellte zunächst 83 der NA-154. Als L-17A ging die Navion als Verbindungsflugzeug, Personal- und leichtes Frachtflugzeug, sowie als Trainer in Dienst. Ryan Aeronautical erwarb 1948 die Rechte und baute etwa 1200 Navion in den folgenden drei Jahren. Ryan nannte sie Navion A, wenn der Motor mit 205 PS (153 kW) Continental E-185-3/-9 eingebaut war. Später gab es die Navion B mit Motoren von 260 PS (194 kW), entweder mit Lycoming GO-435-C2 , oder mit Continental IO-470 -Motor. Letztere auch "Super-Navion" genannte Type war Grundlage für die militärische L-17B, welche u.a. einen zusätzlichen Tank im Innern besaß. Die Geschichte der Maschine geht noch deutlich weiter, kann aber recht gut im Internet nachgelesen werden.

Zum Bau: Zunächst zwei Fotos unseres fertigen Modells - hier in der Optik der 1950er Jahre dargestellt. Zum Ende dieses Beitrages noch einige Erklärungen dazu.

Zu Beginn noch einige Worte zu den Bauanleitungen beider Kits. Beide sind sehr vorbildlich, ausreichend und ausführlich. Wobei die schönen Farbzeichnungen bei VALOM besonders nett sind und sehr gefallen. Im Detail muss diese aber kritisch betrachtet werden: z.B. was die Anordnung des Fahrwerksschachts, die Schriftwahl US ARMY usw. betrifft. Gut das die beiliegenden die Decals "U.S. ARMY" aber den richtigen Font haben. Auf die Seitenrisse gehen wir noch ein.

Nun zu den eigentlichen Modellen: So groß die Freude über diese doch mal etwas ausgefallenen Kits auch war, umso größer die Verwunderung und Unsicherheit wenn man die Teile beider Kits nebeneinander betrachtet - sie sind nämlich recht unterschiedlich ausgefallen. Die eigentlichen Teile machen in beiden Fällen einen guten Eindruck, wenngleich der Plastikkit von Valom auf den ersten Blick klar überlegen ist, zumal auch Ätzteile, ein Fotoinstrumentenbrett, deutlich mehr Kleinteile - auch für die Detaillierung des Innenraums und eine geteilte Kanzel für eine "offene" Darstellung derselben -beiliegen. Die Oberflächendetaillierung nebst allen Rippen und Sicken auf den Klappen wirkt sehr realistisch, ob sie wirklich stimmt, bleibt dahin gestellt. Aber vor allem preislich ist dieser Plastikkit einem Kleinserien-Resinbausatz deutlich überlegen, denn er ist mehr als 50% günstiger zu haben. Viele Modellbauer wissen nicht, dass aus Plastik ganz andere Stückzahlen gefertigt werden können, während in Resin alle 25 bis 30 Sets eine neue Form fällig ist. Derartige Kits per se also in der Herstellung schon recht teuer sind.

Auf der Habenseite bei CONSTANZA gibt es dafür separat anzubringende Landeklappen, "offene" Motorklappen, nebst einer Triebwerksattrappe und Abklebemasken für eine grün eingefärbte Kabinenhaube. Letzteres ist ein wichtiges Detail, denn diese Färbung gehört zu einer Original-Navion dazu, spätere Produktionsreihen hatten sogar blau eingefärbte Vollsichtkanzeln.

Die Frage welche der beiden Kits nun besser ist, lässt sich klar mit "keiner" beantworten, zumal unklar ist, welche Unterlagen durch die jeweiligen Konstrukteure oder Urmodellbauer beider Modellfirmen zu Rate gezogen wurden.

Dies bewog mich, selbst zu recherchieren und das Ergebnis zeichnerisch zu überprüfen, sowie mit prägnanten Fotos des Originals zu vergleichen. Denn mit Worten ist die völlig unterschiedliche Rumpfform beider Kits kaum beschreibbar.

Das schreibt sich hier schneller, als es dann wirklich auch mittels PC realisiert werden konnte. Denn zunächst galt es eine Art Koordinatensystem mit gewissen Basics und Fixpunkten zu schaffen. Die Wahl fiel auf eine Mittellinie durch die Maschine, welche etwa in Höhe des Positionslichtes am Seitenleitwerk endet.

Senkrecht dazu, die Achse für das Seitenleitwerk und einige neuralgische Punkte, wie Oberkante Motorhaube und Ansatz des Höhenruders.

Dann wurden die Umrisse der Modelle verglichen: BLAU für CONSTANZA und ROT für VALOM.

Auffallend bei VALOM ist die deutlich größere - offensichtlich zu groß geratene - Triebwerkssektion und die hinten fast gerade zum Heck laufende Rumpfpartie. Das Original hat an dieser Stelle eindeutig eine andere Form.

Völlig unklar ist, warum dieser Bereich in den Zeichnungen für die Decals und Markierungen (ganz oben im Bild) in VALOMs Bauanleitung so völlig anders - nämlich richtiger - aussieht als es die Bausatzteile sind.

Bei CONSTANZA wiederum ist dagegen der Rumpf im Bereich der Kabine schmaler ausgefallen, wenngleich die Cockpithauben schon wieder fast die gleiche Breite (CONSTANZA rund 0,9 mm weniger) aufweisen.

Soweit erst einmal die Theorie. Der praktisch veranlagte Modellbauer sucht natürlich zuerst nach einer Lösung.

Die konnte in der "Schrägstellung" des Rumpfes um ca. 3 Grad gefunden werden.

Hierbei wird beim Anbau der Tragfläche an den Rumpfboden an der vorderen Verbindung beim Tragflächenteil etwas Material abgefeilt, und gleichzeitig der hintere Bereich etwas nach oben gebogen. Das Original hätte mit dem geänderten Anstellwinkel wohl deutliche aerodynamische Probleme - aber unser Modell sieht erst mal deutlich besser aus, da das Rumpfheck nicht so sehr nach unten hängt.

Das "passt" insofern, da am Bug unten ohnehin Material weg muss. Am Leitwerk muss man halt die Chose irgendwie "hinbasteln".

Weiter geht das Ganze bei den Flächen. Ist die Spannweite der VALOM-Navion gegenüber Constanza stimmiger, fehlt es dafür an Flügeltiefe an einigen Stellen um mehr als einem Millimeter - das ist Pech und muss wohl so bleiben. Auch Höhenflosse und Seitenruder sind bei VALOM kleiner ausgefallen - sogar einen Tick zu klein.

Bei Constanza wiederum sind sie etwas größer - aber abfeilen geht immer. "Dran"-feilen geht dagegen gar nicht. Dafür ist das Seitenruder bei CONSTANZA oben irgendwie komisch abgeschnitten - ggf. nur ein Ausformfehler in meinem Kit.

Es gibt einen ca. 1 mm breiten Spalt (vgl. auch Fotos in der Quelle weiter unten) zum Rumpf hin. Deshalb wurde der Rumpf durchbohrt und zwei Stifte als Holm für die Höhenflossen eingeschoben. Dann die Anschlussstücke der Leitwerke für die Aufnahme der Stifte aufgebohrt (Durchmesser 0,5 mm, ca. 3 mm tief). Die klaffende Lücke wurde dann mit etwas kräftigerer Alufolie verschlossen. An dieser Stelle hatte ich keine Lust mehr auf ausufernde Arbeiten. Außerdem - wie will man die dünnen Leitwerke verspachteln, ohne dass sie dabei vom Rumpf brechen.

Die nun derartig korrigierte Valomzelle wirkt jetzt optisch nicht mehr ganz so schlimm, dennoch scheint die Nase nun um 1 - 2 mm zu kurz und das Seitenleitwerk deutlich zu klein.

Ein größerer "bug" bei VALOM ist dessen Pilotenkanzel. Neben der schon genannten, fehlenden Einfärbung (behebbar mit Glasfarben, oder denen von Alclad) ist die Form und die Größe der gravierten Scheiben nicht ganz stimmig, wie diese Fotos zeigen.

Das liegt im Wesentlichen daran, dass die vorderen Seitenscheiben bei VALOM falsch sind - sie sind hier ein Viereck im rechten Winkel angeordnet. Im Original ist dieser Teil eher trapezförmig. Die falsche und damit nach vorne gehende, zu schmale Gesamtlinie der Fenster - auf Grund ihrer zu geringen Höhe - setzt sich dann bei der Frontscheibe fort. Dieses hat beim Original definitiv keine gerade Stelle an der Windschutzscheibenfront.

Unser Fotovergleich ist zwar nicht aus genau derselben Perspektive, aber die Fehler werden deutlich. So sind die einzelnen Scheiben deutlich höher und größer als graviert. Gott sei Dank gibt es ja noch die zweigeteilte Alternativkanzel. Hier kann man versuchen, die Wölbung zu verstärken. Am besten also nacharbeiten, die vordere Frontscheibe runder gestalten, neu polieren (Autopolish, Zahnpaste zum Schluss) und dann mit den Masken von CONSTANZA abkleben.

Der Zusammenbau des VALOM-Kits gleicht dann insgesamt leider einer ziemlichen Katastrophe. Vermutlich haben die Jungs von Valom ihr Werk noch nie selbst zusammengebaut, sonst hätte man den Kit nicht - so unzulänglich wie er ist - auf den Markt gebracht. Ein Durchschnittsmodellbauer wird sich an diesem garantiert "die Zähne ausbeißen". Es passt so gut wie nix exakt zusammen - hier noch ein paar Tipps, um die größten Hürden zu umschiffen:

  1. - das geätzte Armaturenbrett ist zu breit - es muss angepasst werden. Die beschnittenen Stellen bleiben dabei aber sichtbar.
  2. - der Hauptfahrwerkschacht (hier ein geätzter Kasten ohne jegliche Strukturen - ohnehin kaum identisch mit dem Original) passt nicht in die Tragfläche. Er muss wegen der V-Form mittig geteilt und verkleinert werden - im Nachhinein wäre es einfacher gewesen, ganz darauf zu verzichten.
  3. - der Rumpf ist auf jeder Seite rund 0,5 mm breiter als die Kabine - das muss man korrigieren, wenn es gut aussehen soll.
  4. - will man es ganz exakt machen, muss die Rumpfbreite in Höhe der Pilotensitzlehne 16,66 mm betragen. Das Original ist hier nämlich genau 1200 mm breit.
  5. - Übergang Kabine/Rumpf: Vorn links an der unteren Frontscheibe klafft ein großer Spalt (muss man aufspachteln) - siehe auch Fotos in diesem Link hier -> die Fotos sprechen Bände, auch wenn man nicht tschechisch kann.
  6. - Die Tragflächen haben eine viel zu geringe V-Stellung - diese Korrektur und anschließende Anpassung an den Rumpf ist allerdings absolut nichts für Anfänger.

  1. - Der Lufteinlauf an der Cowling (oder zu Deutsch Motorhaube - fachlich: Triebwerksmaske) ist falsch - hier ist sie aufgebohrt und korrigiert.

  1. - Die Cowling ist insgesamt zu stumpf und zu breit - hier ist sie korrigiert durch Abfeilen wegen der dicken Wandungen ist dies jedoch einigermaßen problemlos möglich.
  2. - Die Tragflächen passen überhaupt nicht an den Rumpf - hier mussten sie umfangreich korrigiert und angepasst werden.
  3. - Das Hauptfahrwerk ist viel zu lang, dadurch ragt das Heck zu hoch in die Luft - also besser gleich um ca. 2 mm kürzen und am besten zuvor Löcher in die Ätzteile des Fahrwerksschachtes bohren! Hier sind die beiden Hauptfahrwerke stumpf in den Schacht eingeklebt - es war einfach zu gefährlich durch einen ausrutschenden Bohrer das Modell zu zerstören.
  4. - Die Hauptfahrwerksräder scheinen ebenfalls deutlich zu groß geraten. Das habe ich erst nach der Montage bemerkt, deshalb lasse ich sie dran
  5. - Einzig das Bugfahrwerk wurde unverändert belassen - die Höhe der Fahrwerksstrebe passt.

Insgesamt ist das VALOM-Modell keine "Weekend-Edition" und kann eigentlich nur Kleinserien erprobten Hardcore-Modellbauern empfohlen werden. Da hilft es dann auch nicht, wenn in den zwei neuesten Kits praktisch die gleichen Teile drin liegen und auch noch die hier auf dem Cover prangende Navy-Maschine komplett fiktiv ist.

Die Navy hatte nämlich niemals die Navion im Bestand - wenngleich es allerdings Einzelfälle gegeben hat, bei denen Army- oder USAF-Navion auf verschiedenen Flugzeugträgern landeten und auch wieder starteten! Eines ist sogar bei Wikipedia zu sehen.

Auch hätte man sich bei so vielen vermeintlich verschiedenen Kits echte Alternativteile gewünscht: so gab es beispielsweise unterschiedlich große Propeller, verschiedene Anordnungen von Lüftungsklappen und Auspuffrohre, sowie auch Fahrwerksabdeckungen.

Derartige Alternativteile gibt es bei CONSTANZA zwar auch nicht, aber eine Zeichnung in der Bauanleitung weist darauf hin und gibt Tipps zu deren Eigenbau - das verstehe ich als nette Geste und Einladung für Modellbauer zur Detaillierung.

Zum Bau: Bei den beiden, auf der rechten Rumpfseite vor dem Cockpit angebauten Venturi-Düsen gibt es von Maschine zu Maschine deutlich unterschiedliche Ausrüstungszustände - also schauen, wie das gewählte Original ausgestattet war.

Bleibt noch zu erwähnen, dass es zur Navion von CONSTANZA zwei sehr schöne Decalbögen mit diversen Unterlagen zum Original gibt - mehr dazu hier

Zum Abschluss noch Fotos unseres fertigen Modells: Die Decals sind eine Eigenfertigung und das Modell ist mit selbstklebender Alufolie kaschiert. Diese ist von Bare Metal Inc. Die Verarbeitung ist wie folgt: Mittels Schere die zu beklebende Sektion mit leichtem Übermaß ausschneiden, abziehen und ankleben. Auf Staubfreiheit achten! Verarbeitet wird sie mittels Holz-Zahnstocher (damit werden die Gravuren nachgezogen). Zum Polieren verwendete ich Wattestäbchen und ein weiches, nicht fußelndes Tuch. Mit dem Skalpell werden dann entlang der Gravuren die Blechstöße nachgezogen und das überstehende Material wieder abgezogen. Das geht ganz gut, ist halt etwas zeitaufwändig. Für starke Rundungen (z.B. Vorderteil der Cowling) wird die dünnere "Chrome" - Folie verwende. Diese ist leicht gelblich, wirft aber deutlich weniger Falten und lässt sich prima mit einem Zahnstocher um Rundungen polieren. Für weniger gewölbte Stellen eignet sich die dickere "Ultra Bright Chrome" besser.

Zum Abschluss noch ein "Navion Foto mit Dame". Die Figürchen habe ich mal irgendwo auf einer Homepage für Faschingskleidung (!) gefunden und abgespeichert. Mit Photoshop ausschneiden ("Zauberstab" + "Auswahl umkehren") - Dann muss man natürlich das Motiv anschließend kopieren und in das Bild einfügen. Ganz wichtig: Die Beleuchtung und die Kontraste dem Hauptmotiv angleichen, das geht oft schon mit "Auto Ausgleichen".

Martin Grupp, Blaustein (März 2016)

Fotos, Grafiken: Bill Coffman, Detlef Billig