Messerschmitt Bf 110D-3 Nachtjäger mit FuG 202

cyber-hobby.com 5561 - 1/48

Vorbild: Nach Auslegungsüberlegungen Anfang 1934 erhielten die Bayrischen Flugzeugwerke im Juli 1934 den Auftrag, einen zweimotorigen Flugzeugzerstörer zu entwickeln. Als Triebwerke waren zunächst Jumo210 vorgesehen, jedoch wurden 1935 der 30-Liter-Motor DB 600 mit berücksichtigt und für den Test in der Bf 110V3 vorgesehen. Zum Einsatz kam dieser ab der Baureihe Bf 110 C. Um die Höchstgeschwindigkeit über den Vorgängerversionen zu steigern, wurden die Flügelspitzen gekappt. Die Verlegung der Kühler von unter dem Motor nach hinten unter die Tragfläche half das größere Gewicht der DB-Triebwerke zu kompensieren und war wohl auch aerodynamisch günstiger.

Die höhere Geschwindigkeit hatte wegen des höheren Verbrauchs eine Verringerung der Reichweite zur Folge. Diese Entwicklung hat sich im Krieg fortgesetzt. Die Flugzeuge bekamen immer stärkere Motoren und die Reichweite schrumpfte. Durch vermehrte Ausrüstung und zusätzlicher Panzerung wurde der Geschwindigkeitszuwachs teilweise wieder aufgezehrt, vor allem nahm aber die Reichweite weiter ab.

Die Baureihe Bf 110D hatte gegenüber der Bf 110C zusätzlicher Kraftstoff- und Schmierstoffanlagen, eine Schlauchbootanlage, eine erhöhte Motorleistung, eine verstärkte Bereifung des Hauptfahrwerks und einen vergrößerten Sporn mit größerem Reifen. Die Baureihe D wurde zeitweise parallel zur C produziert. Mitte 1940 betrug das Verhältnis zwei Bf 110D zu drei produzierten Bf 110C. Grund dieser Parallelfertigung war ein zeitweiser Mangel an Benzinpumpen, der es nicht erlaubte, nur Bf 110D zu fertigen. Mit Behebung des Mangels wurde die Produktion der Bf 110C-4 und C-7 zugunsten der Bf 110D-3 eingestellt.

Bis zur Baureihe Bf 110E haben die Nachtjäger keine spezielle Unterbaureihe erhalten, sondern bekamen willkürlich Flugzeuge aus der Produktion zugeteilt. Für Schulungszwecke wurden den Nachtjägern auch ältere Flugzeuge aus anderen Verbänden zugewiesen. Erst mit der Einführung der Funkmessanlagen wurden spezielle Nachtjägerbaureihen (Bf 110F-4 und G-4) geschaffen. Die erste Funkmessanlage, das FuG 202 ist erst verfügbar geworden, als die Baureihe Bf 110F-4 lief, sie ist aber auch nachträglich noch in Bf 110D und E eingebaut worden.

In der Regel waren Nachtjäger schwarz gestrichen. Da die Nachtjagdbesatzungen aber teilweise am Tage eingesetzt wurden und auch mit alten Zerstörern übten, sind auch Flugzeuge mit Zerstöreranstrich bei den Nachtjägern verwendet worden. Der ab Mitte 1943 übliche hellblaue Tarnanstrich ist sicher auch noch bei einigen übrig gebliebenen alten Mühlen Aufgetragen worden.

Flugzeuge mit DB 601N Motoren erhielten hinter der Baumusterbezeichnung den Index „N“, z.B. Bf 110E-2/N. Da die N-Motoren höheroktanigen Kraftstoff erforderten, wurden die Triebwerke außen mit dem Buchstaben N gekennzeichnet. Der im Bausatz dargestellte Nachtjäger ist eine Besonderheit, da hier eine alte Bf 110D-3 ohne Heizung das FuG 202 bekommen hat. Die schwarze Farbe und das Funkmessfunkgerät lassen auf einen Einsatz im Frühjahr 1943 schließen.

(Quelle: Auszüge aus: Heinz Mankau/Peter Petrick: Bf 110, Me 210, Me 410, Aviatic Verlag 2001, ISBN 3-925505-62-8)

In dieser Quelle findet sich auch ein kleines Foto dieses Flugzeugs. Leider sind alle Abbildungen in diesem ansonsten tollen Buch sehr klein. Für den Modellbauer noch interessanter (für diese Variante aber weniger hilfreich) dürfte das Buch „Messerschmitt Bf 110 C,D and E – An Illustrated Study - Variants * Weapons * Equipment“ von John Vasco und Fernando Estanislau sein. Schließlich ist da noch Wings of the Black Cross No.5 von Marc Proulx das zwei größer abgedruckte Fotos und ein Profile dieses Flugzeugs enthält.

Bausatz: Der Grundbausatz ist ja nun schon etwas länger auf dem Markt und daher wahrscheinlich den meisten bekannt. Bei meinem letzten Besuch bei Modellbau König (Deutschlandimporteur für cyber-hobby) in Delmenhorst habe ich mir mal diesen Bausatz zugelegt (den Zerstörer habe ich schon länger). Eigentlich bin ich ein Fan des Eduard Bausatzes, aber da diese Bausatz wirklich gut gemacht ist und einige nette Features hat, wollte ich ihn einmal kurz vorstellen.

Der recht große Karton ist gut gefüllt mit vielen recht kleinen Spritzlingen. Die Gravuren sind fein, relativ scharfkantig und ausreichend tief – ich mag die superfeinen Gravuren einiger Hersteller, die schon bei einer aufgenebelten Farbschicht „zu“ sind nicht besonders. Keine Angst es sind keine Gräben! Der Bausatz ist modular aufgebaut, aber das hält sich in einem beherrschbaren Rahmen. Alle Steuerflächen sind separat beigefügt (super), die Vorflügel nicht ... naja, fast nicht. Cyber-hobby hat hier nachgebessert und Teile beigefügt, mit denen man diese auch ausgefahren darstellen kann. Sehr löblich.

Gut gefallen mir auch die gelochten Spanten in den Fahrwerksschächten. Bei Eduard muss man dafür einen Ätzteilsatz dazu kaufen. Auch die Aufnahme der Fahrwerksbeine in der Gondel ist etwas sicherer gelöst als bei der tschechischen Firma. Sehr schön finde ich die Beigabe der zwei DB 601 – natürlich sind diese nicht zwingen erforderlich, aber da ich für meinen Zerstörer ein bestimmte Vorbild im Auge habe und jene Edition hierzulande nur ohne Motoren verkauft wurde, passt mir das sehr gut.

Das Cockpit ist gut detailliert und der kleine Ätzteilbogen ergänzt die Gurte und die Peilantenne. Hilfreich finde ich den separaten Überrollkäfig. Wenn auch etwas überdimensioniert, braucht man so keine Teile an die klare Kanzel zu kleben. Auch der Bugwaffenraum ist detailliert, man müsste aber die einteilige Rumpfnase zersägen um hier Einblick zu erlangen. Die Auslösung des Schlauchbootes liegt als vorgebogener Draht bei, den man durch zwei mikroskopische Ätzteile fädeln muss und dann natürlich ans Modell kleben ... bei meinen Wurstfingern wird das kompliziert. Es liegen aber ein paar mehr Ösen bei.

Apropos Herausforderung, die Antennen des FuG 202 liegen als Plastikspritzgussteile bei ... für ganz Gaskranke, ähh Detailverliebte gibt es diese aber auch als 16 Plastikstiele an die man 32 fertig abgelängte Drahtstückchen ankleben kann. Die Bauanleitung ist, wie von Dragon/CH gewohnt, etwas überfüllt und unübersichtlich. Wenn man aber Schritt für Schritt vorgeht, sollte dies kein allzu großes Problem sein.

Es liegt nur eine Bemalungsvariante bei, nämlich die Bf 110 D-3 „G9+FM“ der 4./NJG 1 wie sie auf den erwähnten Fotos zu sehen ist – dort übrigens auf einem Einschießstand aufgebockt.

Fazit: Cyber-hobby hat hier ein wirklich gelungenes Modell aufgelegt. Viele Details, Optionen und eine recht starke modulare Aufteilung versprechen eine Menge Bastelspaß. Der Preis liegt bei etwa 40 Euro und ist für das gebotene in Ordnung.

Steffen Arndt, Barsinghausen (Januar 2012)

Literatur: (Auswahl)

Heinz Mankau/Peter Petrick
Messerschmitt Bf110, Me210, Me410
Aviatic Verlag, Oberhaching 2001
ISBN 3-925505-62-8
John Vasco/Fernando Estanislau
Messerschmitt Bf 110 C,D and E – An Illustrated Study
Variants * Weapons * Equipment
Classic Publications 2008
ISBN 987 1 903223 89 5
Marc Proulx
Wings of the Black Cross Number 5
Eagle Editions 2008
ISBN 987 0 9794035 3 8
Holger Nauroth/ Werner Held
Messerschmitt Bf 110.
Zerstörer an allen Fronten 1939 - 1945
Motorbuch Verlag Stuttgart 1978
ISBN: 3879435227