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Messerschmitt Me262A-1a U4

Hobby Boss - 1/48

Wer meinen First Look auf der Website gelesen hat, wird den folgenden Vorbildteil sicher bereits kennen. Dieser basiert wesentlich auf dem Abschnitt in "Me 262 Erprobung und Einsatz" (S.49 f.) von Richard Smith und Eddy Creek (in deutsch erschienen bei Heel) und sei hier der Vollständigkeit halber noch einmal aufgeführt.

Trotz anfänglicher Konzentration auf Bomberprojekte, sollte die Me262 auch als Jäger eingesetzt werden, insbesondere angesichts der riesigen, ihre Last auf Mitteleuropa abladenden, Bomberströme. Adolf Hitler unterstützte bzw. forderte dabei die Verwendung großkalibriger Waffen die eine große Wirkung von außerhalb der Bordwaffenreichweite der Bomber entfalten konnten.

Zur Auswahl standen die 50mm MK214A von Mauser und die 55mm MK112 von Rheinmetall-Borsig. Letztere besaß eine höhere Kadenz, aber eine geringere Schussweite, weshalb der Einbau der MK214A bevorzugt wurde. Die V2 dieser Waffe wurde in die W.Nr.111899 eingebaut, welche somit zur Me 262 A-1a/U4 wurde. Dazu wurden die anderen Bordwaffen ausgebaut, was in etwa dem gleichen Gewicht entsprach. Das Rohr der Kanone ragte ungefähr 2 Meter nach vorne aus dem Rumpf heraus. Damit die Kanone in den Bug passte, musste auch das Bugrad umkonstruiert werden. Dieses dreht nun beim Einziehen um 90°, so dass es eingezogen unter der Waffe liegt.

Am 19. März 1945 machte Chefpilot Karl Baur mit dieser Maschine seinen Erstflug (einfliegen am 18. durch Lindner). Insgesamt führte er 19 Erprobungsflüge durch und feuert 47 Schuss am Boden und 81 in der Luft ab. Am 5. April wurde die Maschine an Major Wilhelm Herget zur Einsatzerprobung übergeben. Nach mehreren Übungsschüssen gegen Bodenziele flog Herget das Flugzeug am 16. April bei zwei Einsätzen gegen amerikanische Bomber, wobei jedoch jeweils die Kanone versagte.

Eine zweite Me 262, die W.Nr. 170083 wurde mit der MK 214 V3 ausgerüstet. Es ist unklar, ob dieses Flugzeug noch mit Kanone geflogen worden ist, bevor es im Mai von amerikanischen Truppen erbeutet wurde. Das Flugzeug wurde zunächst "Wilma Jeanne" und später "Happy Hunter II" getauft. Sie stürzte über Frankreich bei einem Überführungsflug von Melun nach Cherbourg ab, wobei sich der Flugzeugführer Ludwig Hoffmann unverletzt mit dem Fallschirm retten konnte.

Ein weiteres Flugzeug wurde im Bau in Augsburg gefunden. Diese mit MK214 bewaffnete Me262 Variante sollte als Me262E-1 in Serie gehen und mit dem Kreiselvisier EZ42 ausgestattet werden.

Dieser Bausatz ist einer der besseren von HobbyBoss (bzw. Trumpeter) und gibt das Vorbild gut wieder. Jedoch sind auch einige Kritikpunkte anzumerken. Auch bei diesem Modell gibt es wieder keine separaten Vorflügel, die auf Fotos von Flugzeugen im Stand fast immer in herausgefallenem Zustand zu sehen sind. aber das hat ja noch keiner der Me 262 Modell-Hersteller hinbekommen.

Die Formgebung des Rumpfes vor und hinter dem Fahrwerksschacht sollte meiner Meinung nach flacher und nicht so stark konkav sein. Dies ist aber schwer auf den Vorbildfotos zu erkennen und auch am Modell werden die Triebwerksgondeln meist den Blick verwehren.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt betrifft das Seitenleitwerk. Die Vorbildfotos der V083 bzw. "Wilma Jeanne" zeigen deutlich, dass das untere Ende mit einer klaren Abdeckung für das Hecklicht ausgestattet ist. Wer es genau nimmt, muss hier die Ecke an der Gravur aussägen und durch Klarmaterial ersetzen. Von der W.Nr.111899 zeigen die Fotos diesen Bereich nicht und der Künstler hat das Profile dieser Maschine in o.g. Buch perspektivisch dargestellt, so dass dieser Bereich nicht einsehbar ist. Das Foto im Buch "Messerschmitt Me 262: The Production Log 1941-1945" ist auch nicht aufschlussreicher, aber Flugzeuge ähnlicher Werknummer zeigen auch das große Klarteil, weshalb ich das Modell hier geändert habe … was nicht heißt, dass dies wirklich richtig ist.

Da ich nicht die Bausatzbemalung des zweiten Prototypen als Beute verwenden wollte, entschied ich mich für die W.Nr. 111899. Diese hatte offenbar keine individuellen Markierungen (jedenfalls habe ich dazu bisher keine Informationen gefunden), was wegen der Abgabe an den JV 44 zur Einsatzerprobung schon etwas seltsam ist. Mit der noch unbemalten, gespachtelten Nase macht diese Version aber schon etwas her. Zur Farbgebung kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Eine Argumentation wäre, dass die Zelle schon etwas älteren Datums war und daher 74/75 über 76 getarnt war. Das Flugzeug wurde aber erst 1945 fertiggestellt, weshalb ich mich für die Tarnung in 80er Farbtönen entschied (wie das Profile in Smith und Creek).

Zum Bau: Schon während der Besprechung des Bausatzes für die Website hatte ich einige Teile vom Gussrahmen getrennt und angepasst. Letztendlich war ich trotz des "kleinen Bauches" von dem Modell angetan, so dass ich es gleich nach oben auf meinen "In-Arbeit-Stapel" verfrachtete und die nächste Zeit mit dem Zusammenbau verbrachte. Wie man anhand der Bilder sieht, passte es im Wesentlichen sehr ordentlich, nur bei der Verheiratung von Flügel und Rumpf half ich etwas nach, damit der Übergang möglichst sauber verlief. Leider sind auch bei dieser Me 262 keine separaten Vorflügel enthalten, was ich eigentlich als absolutes Muss für Modelle dieses Typs erachte, aber ich wollte mich möglichst auf ein out of the box-Projekt beschränken.

Also ging ich während der ganzen Zeit lose der Bauanleitung entlang hangelnd vor. Hier und da gibt es ein paar kleine Hürden zu umschiffen, aber nichts, das den Rahmen eines normalen Bausatzes sprengen würde. Die Nietendarstellung ist wie auch die versenkten Gravuren, reine Geschmackssache. Mir machen sie nichts aus und ich finde sie auch nicht maßlos übertrieben. Im Gegenteil tragen diese für mich zu einer interessanteren Oberfläche bei, auch wenn sie so nicht ganz originalgetreu sind. Lediglich am Bug habe ich sie verspachtelt, da ich ja hier - für meine Bemalungsvariante passend - verspachtelte Nieten darstellen musste. Dafür habe ich sie am Rest des Modells extra dunkel hervorgehoben, nur um die Nietenzähler zu ärgern...

Doch beginnt alles wie immer im Inneren. Diesmal nicht nur das Cockpit, sondern auch der Waffenraum im Bug, der Hauptfahrwerksschacht unter dem Cockpit und das Abteil mit den Funkgeräten im Heck. Von letzterem sieht man nicht mehr viel, weshalb ich lediglich die Bausatzteile bemalte und einbaute. Der Waffenschacht sollte geschlossen sein, aber ich konnte mir eine Bemalung nicht verkneifen und habe die Abdeckung auch offen gelassen (obwohl ich an deren richtiger Große etwas zweifle)… kürzlich habe ich noch das Rohr von Schatton Modellbau erworben und am fertigen Modell ersetzt, da mir die Kanone aus dem Bausatz nicht wirklich zusagte. (dieses ist auf Bildern im letzten Bildblock unten und den Bildern vom Fertigen Modell oben zu sehen)

Im Cockpit habe ich nicht mal Gurte ergänzt, was ich beim nächsten Modell aber auf jeden Fall nachholen würde. Dafür habe ich nach Bildern ein EZ42-Visier nachempfunden und eingebaut, da ich meine, dass dieses Flugzeug damit ausgerüstet war. Ansonsten alles "Standard" aus dem Bausatz, RLM 66 von Gunze, Instrumentenbrett vom Decalbogen und Detailbemalung mit Citadel Farben.

Außen griff ich auf RLM 76, 82 und 83 diverser Hersteller zurück, die ich mit den Farbchips aus den Büchern von Ken Merrick verglich. Wie bereits erwähnt, gibt es darüber sicher Diskussionen, da wohl eine ältere Zelle für den Prototypen(um)bau genutzt wurde. Es ist also auch 76/74/75 oder gar eine andere Kombination denkbar. Für mich wurde das Flugzeug 1945 fertiggestellt und hatte damit diesen Anstrich.

Die Reifen plättete ich mit einem Bügeleisen (vorher mal an einem alten Modell testen!) und ergänzte die Kleinteile und Antennen. Da ich die Funkabteilklappe nicht neben das Modell legen wollte, habe ich sie einfach mit einem Schraubenzieherimmitat an einem der Schraubenlöcher befestigt. Nach dem Anbringen der wenigen Decals aus dem Bausatz (die ich für meine nicht im Bausatz enthaltene Bemalungsvariante herangezogen habe) auf einer Schicht Klear gab es einen abschließenden Anstrich mit Gunze H20 Klar Matt.

Fazit: Ein sehr erfreuliches und erholsames Projekt, wenn man sich nicht an vom Original abweichenden Details hochzieht. Für mich ist der Bausatz eine klare Empfehlung für Modellbauer jeder Erfahrungsstufe. Experten werden sicher Einiges mehr ändern wollen, Anfänger müssen dies aber nicht.

Steffen Arndt, Barsinghausen (Februar 2011)