IPMS Hauptseite
Zurück

Levasseur Antoinette VII

Renval - Maßstab 1/72

Das Original

Leon Levasseur gehörte 1909 zu den erfolgreichsten Flugzeugkonstrukteuren. Mit seinen verspannten Eindeckern, der Antoinette IV und VII versuchte er zweimal, den Ärmelkanal als erster zu überfliegen. Beide Versuche endeten mit einem Bad im Kanal.

Die Antoinette VII war eine Weiterentwicklung des Eindeckers und entstand 1909. Das Flugzeug unterschied sich im Wesentlichen durch den Wegfall der Querruder und ein verändertes Fahrwerk. Sie war eines der ersten, erfolgreich in Serie gebauten Flugzeuge.

Die Firma Société Antoinette wurde 1904 von Léon Levavasseur gegründet. Levavasseur beschäftigte sich eigentlich mit dem Bau von Bootsmotoren. Auf Basis dieser Motoren entstand der hervorragende 8-Zylinder Antoinette-V-Motor, einer der wichtigsten Flugzeugmotoren der frühen Luftfahrt. Er fand auch in vielen Flugzeugen anderer Hersteller, z.B. Avro und Curtiss, Verwendung.

Ab 1908 baute Levavasseur dann Flugzeuge. Die Antoinette I bis III waren noch Nachbauten anderer Maschinen. Ab der Antoinette IV konstruierte Levavasseur seine berühmten Antoinette-Eindecker, die einen bootsähnlichen Rumpf hatten. Kurz zuvor war Hubert Latham Chefpilot bei der Société Antoinette geworden.

Die englische Zeitung Daily Mail hatte im Oktober 1908 einen Preis über 10.000 englischen Pfund ausgesetzt. Diesen sollte derjenige erhalten, der als erstes den Ärmelkanal überflog. Lavavasseur wollte diesen Preis unbedingt erringen und deshalb machte Latham eine ganze Reihe langer Testflüge mit der Antoinette IV.

Am 19. Juli 1909 startete Latham den ersten Versuch, den Ärmelkanal mit einer Antoinette IV zu überfliegen. Der Startort war das Cap Blanc- Nez bei Sangatte an der französischen Küste. Begleitet wurde Latham von der französischen Fregatte Harpon. Um 6.42 Uhr startete der Flug. Latham schaffte die Überquerung allerdings nicht und stürzte mit einem Motorschaden nach 13 km Flug in den Kanal. Die Fregatte Harpon zog ihn und seine Maschine aus dem Meer.

Levavasseur setzte danach auf seine verbesserte Maschine Antoinette VII, um den Kanal erneut zu überfliegen. Die Maschine machte am 25. Juli 1909 ihren Erstflug. Am gleichen Tag schaffte der Franzose Louis Blériot mit seinem Blériot XI-Eindecker den Flug über den Ärmelkanal. Levavasseur wollte trotzdem beweisen, das seine Antoinette VII auch dazu in der Lage war. Am 27. Juli startete Latham erneut. Diesmal kam das Flugzeug bis auf rund 2,5 km an die englische Küste heran, bevor wieder der Motor versagte. Latham wurde vom britischen Kampfschiff Russell geborgen.

Auf der Flugwoche von Reims von 22. August - 29. August 1909 trat Latham wieder mit der Antoinette VII auf. Dabei gewann er den Höhenpreis mit 155 m Flughöhe.

Am 7. Januar 1910 erreichte Latham als erster Mensch 1.000 m mit einem Flugzeug. Im Laufe der nächsten zwei Jahre stellte er diverse Geschwindigkeits- und Langstreckenrekorde mit der Antoinette VII auf. So errang Hubert Lantham am 23. April 1910 in Nizza den Geschwindigkeitsweltrekord für Landflugzeuge mit 77,579 km/h.

Lavavasseur baute 1911 noch die Antoinette Typ Latham Monobloc, das erste vollverkleidete und aerodynamisch geformte Flugzeug. Es war allerdings mit 1.350 kg zu schwer um mit einem 50 PS-Motor abzuheben.

Hubert Latham reiste 1912 nach Französisch- Kongo zur Großwildjagd. Er stirbt am 7. Juni 1912 bei einem Jagdunfall.

Eine Antoinette VII steht im Musée de l'Air et de l'Espace auf dem Flughafen Le Bourget.

Technische Daten (Antoinette VII)
Besatzung:ein Pilot, auch als Zweisitzer
Fluggewicht:590 kg
Antrieb:Ein Antoinette-8-Zylinder V-Motor mit 50 PS
Länge:11,5 m
Höhe:3 m
Spannweite:12,80 m
Höchstgeschwindigkeit:70 km/h
Flügelfläche:50 m²

Quellen:

Das Modell:

Zur Zeit sind einige Bausätze der Firma Renwal aus den sechziger Jahren aufgetaucht. Ich habe für 35,- ? einen Kit mit 3 Flugzeugen aus der Frühzeit der Aviatik erworben. Es sind interessante Plastikmodelle, wo die Rümpfe, Leitwerke und Tragflächen als Gitterkonstruktionen gefertigt wurden und mit Seidenpapier bespannt werden müssen. Da mir die Antoinette an einfachsten erschien, begann ich zuerst mit diesem Bau.

Der Hersteller gibt an, dass ein Modell 1908 nachgebildet wurde. Zu diesem Zeitpunkt flogen die Antoinette IV noch mit Querrudern. Das Modell weist diese jedoch nicht auf. Es muss sich bei dem Bausatz daher um eine Antoinette VI oder VII aus dem Jahre 1909 handeln.

Die Einzelteile machen einen guten Eindruck und sind recht filigran. Leider war die Rumpfsektion im Bereich der Kühler stark verzogen. Möglicherweise geht das aber auch auf die lange Lagerung und Temperatureinflüsse zurück.

Einen Dreiseitenriss fand ich unter im Internet unter: fiddlersgreen.net und scannte ihn auf 1:72 hoch. Obwohl es sich bei der Quelle um den Bau eines Papiermodells dreht, stimmen die Proportionen des Risses. Vergleiche mit Bildern der Antoinette VII in Le Bourget und alten Photographien zeigen jedoch, dass die Tragfläche ein wenig zu tief geraten ist und etwas zu weit vorn gezeichnet wurde. Dagegen erscheinen mir die Tragflächen des Bausatzes stimmig. Im Gegensatz dazu ist der Rumpf von Renwal im vorderen Bereich um ca. 1cm zu kurz.

Aufgrund guter Detailbilder der Antoinette VII entschloss ich mich zum Bau dieser Maschine. Der verbogene Rumpf musste sowieso teilweise erneuert werden und wurde dabei gleich verlängert. Die neuen Längsholme entstanden aus 1mm Plastikstreifen.

Die Gitterstruktur des offenen Rumpfteiles wurde komplett aus Evergreen- Streifen 0,5 mm aufgebaut und ocker gestrichen. Der obere Gitterträger des Bausatzes für den hinteren Bereich wurde nicht eingesetzt, sondern Plastikstreifen 1mm eingezogen. Dadurch konnte die maßstäbliche, geringere Höhe erreicht werden.

Nicht nur der Rumpf ist im Bausatz etwas kurz geraten, sondern damit auch die seitlichen Kühler. Da sie jedoch optisch sehr ansprechend sind, habe ich sie trotzdem eingesetzt und die Holzabdeckung im Sitzbereich so weit verlängert, dass der Anschluss wieder hergestellt wurde. Ich denke, dass ist ein vertretbarer Kompromiss.

Der Motor wurde komplett neu gebaut. Die Basis bildete eine Bombe aus der Grabbelkiste. Zylinder und Anbauteile entstanden aus gezogenen Gussrahmen. Der Motor wird dann mit Dreieckswinkeln in den Rumpf eingesetzt. Dabei ist zu beachten, dass die Rumpfspitze mit etwas Gefälle angeschliffen werden muss. Das entspricht auch der Antoinette in Le Bourget. Dadurch kann der Motor parallel zur Flugzeuglängsachse eingebaut werden. Die dem Bausatz beiliegende, dicke Trägerplatte wanderte in die Grabbelkiste.

Der Kühlmittelbehälter, der sich zwischen Motor und den Benzintanks befindet, fehlt am Modell leider völlig. Ich habe zur Nachbildung einen Raketenbehälter aus dem Revell- Bausatz der Mi-24 umgebaut und auf zwei selbstgefertigte Konsolen gesetzt.

Die Platte zur Aufnahme der Treibstofftanks ist maßstäblich und hat ein Loch zur Aufnahme des Spannmastes. Sie ist jedoch etwas grob geraten. Da ich auch einen etwas dünneren Mast setzen wollte, habe ich eine neue Platte aus 0,3mm Plastik eingezogen. Darauf wurde im vorderen Bereich ein Querbalken aus Plastik gesetzt und entsprechend Vorbildphotos zwei Schlitze eingefräst.

Laut Bauanleitung wird der mittlere Spannmast nur auf die Platte für die Tanks aufgesetzt. Ich denke, so wird keine Stabilität in das Flugzeug gekommen sein. Obwohl ich keine Detailbilder habe, gehe ich davon aus, dass der Mast bis auf den Längsträger (Kiel) des Rumpfes ging. Ich habe deshalb ein Messingrohr eingezogen und holzfarben gestrichen. Anschließend wurde der Mast, welcher meines Erachtens nach zu dick ist, ausgedünnt, am Ende aufgebohrt und von oben auf das Rohr gesetzt.

Die Tanks sind aufgrund der dicken Tragflächenholme und des starken Mastes des Bausatzes etwas klein geraten. Deshalb wurden aus einem Gussrahmen zwei neue gefertigt und messingfarben lackiert. Die Montage erfolgte dann auf vier selbst gefertigten Auflagerböcken.

Entsprechend des Vorbildes in Le Bourget wurde meine Antoinette mit zwei Sitzen versehen. Dazu musste eine Abdeckung aus dünnem Plastik hergestellt und in Holzfarbe gestrichen werden. Für Pilot und Passagier wurde je ein Sitzbrett eingezogen und eine neue Rückenlehne aus Plastik gefertigt.

Ich habe an den Tragflächen trotz der guten Bausatzvorlage die Rippen etwas verdünnt. Weiterhin ist der vordere Längsholm im Bausatz so gestaltet, dass er unten aus der Tragflächenkontur heraustritt. Deshalb wurde dort soviel Material mit der Proxon abgeschliffen, bis unten alles plan war. Das Ende der Holme, welches auf dem Rumpf aufliegt wurde abgeschnitten und aus dünnerem Plastik neu gefertigt. Dadurch ist die Optik der Tragflächen etwas gefälliger geworden.

Das Seitenleitwerk stimmt in seiner Geometrie nicht ganz mit dem gewählten Vorbild überein. Vergleichende Bilder zeigten, dass Levavasseur dessen Konstruktion ständig überarbeitet hat. Insofern muss das Bausatzteil nicht fehlerhaft sein. Ich habe seine Konturen trotzdem dem Dreiseitenriss angepasst.

Das Höhenleitwerk mit angegossenem Ruder passt nicht ganz zur Geometrie des Rumpfes. Es klafft vorn etwas auseinander. Ich habe Das Teil deshalb in 3 Stücke geschnitten und etwas angepasst. Dadurch kann das Ruder auch gleich etwas hängend dargestellt werden.

Die Bespannung erfolgte zuerst am Rumpf mit dem beiliegenden Seidenpapier und reichlich Spannlack. Dabei hat sich gezeigt, dass der Spannlack die Acrylfarbe, welche ich an den Rumpfspanten aufgetragen habe, auflöst und dadurch die Tragekonstruktion unterschiedlich stark durchscheint.

Danach wurden die Tragflächen, Ruder und Leitwerke bespannt. Diese Arbeiten gingen recht unkompliziert von statten, aber die Bespannung der Ruder und Leitwerke ist teilweise mit der gegenüberliegenden Fläche verklebt, und dadurch etwas eingesunken. Bei der Montage zeigte sich eine weitere Schwachstelle. Da bei den Plastikteilen die Ränder der Leitwerke als feine Linie modelliert wurden, sind die Kanten unnatürlich dick und abgerundet dargestellt. Schweren Herzens entschied ich mich die mit viel Aufwand hergestellten Teile abzubauen, zu verwerfen und neue aus einer dünnen Plastikplatte zu fertigen.

Die neuen Leitwerke und Ruder erhielten Streben aus gezogenen Gussästen, welche mit einer Feile auf Halbrund getrimmt wurden. Diese habe ich dann auf dünne Platten geklebt, die nach dem Dreiseitenriss zugeschnitten wurden. Das Ergebnis ist um Längen besser als die Bausatzteile.

Die Tragflächen sind recht gut gelungen, sie weisen die leicht eingesunkene Struktur vieler Flugzeuge aus der Zeit des ersten Weltkrieges auf. Aber bei Vergleichen mit den Bildern aus Le Bourget zeigte sich, dass gerade bei der Antoinette die Bespannung gerade wie ein Brett ausgeführt wurde. Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, das Seidenpapier abzuschleifen und die Rippen mit dünnem Plastikmaterial aus dem Hobby- Kreativ- Laden zu beplanken. Die Flügel entsprechen dadurch viel eher dem Original.

Weiter ging es mit der Montage diverser Kleinteile. Das Hauptfahrwerksbein des Bausatzes hat etwas zu wenig Spurweite. Deshalb wurde es aus dünnem Messingrohr neugebaut, wobei das T-Stück aus dem Bausatzteil verwendet wurde. Der vordere Notsporn entspricht zwar nicht ganz dem Winkel des Dreiseitenrisses, doch ich habe ihn trotzdem angebaut und mit dem neuen Hauptfahrwerk verklebt.

Danach habe ich die Tragflächen und das Heck der Maschine mit Valejo 75 gespitzt und die Flügel mit Stiften gegeneinander geklebt. Sie wurden dann auf die vorbereitete Unterkonstruktion gesetzt und mit Sekundenkleber fixiert. Nach Montage der äußeren Spanntürme an den Tragflächen konnte ich mich wieder der Fertigstellung des Rumpfes widmen.

Als Nächstes wurden die Steuerräder neu gefertigt. Sie müssen etwas größer als im Bausatz sein und haben bei der Antoinette VII fünf Speichen (bei früheren Modellen vier) Die Handräder entstanden aus gezogenen Gußästen, die ich im heißen Wasserbad gebogen habe, und gezogenen Streben.

Auch der Propeller muss überarbeitet werden. Die Propellerblätter im Bausatz sind rund, die Antoinette in Le Bourget besitzt aber gestreckte Propellerblätter. Deswegen habe ich aus dünnen Plastikplatten zwei neue Blätter hergestellt und angeklebt.

Weitere Details sind der Bau von einzelnen Ansaugstutzen, Zündkabel und verschiedene Leitungen am Motor. Zur Bedienung des Triebwerkes befinden sich zwei Hebel vor dem Piloten. Leider konnte ich nicht feststellen, wie die dazugehörigen Gestänge und Seilzüge verlaufen, da diese Teile bei der Maschine in Paris fehlen.

Zur Verspannung habe ich mir extra geflochtene Angelsehne von 0,04mm gekauft. Leider musste ich nach den ersten Montageversuchen von der Verwendung absehen. Die Spanntürme haben sich unter Spannung verzogen, und dadurch hingen immer einige Seile durch. Also habe ich wieder zum Gummifaden gegriffen.

Vor Anbringung der Steuerseile wurde die Startnummer 29, mit der das Flugzeug bei einem Wettkampf gestartet ist, angebracht. Die Zahl entstand durch Kopie mit einem Schwarz-weiß- Kopierer auf ein durchsichtiges Abziehbild, musste aber an den Rändern mit einem Pinsel nachgearbeitet werden.

Die Verspannung wurde mit schwarzem Acryllack angemalt. Dabei hat sich bewährt, dass sie aus Gummi ist. Ich konnte die Steuerseile mit einem haken vom Modell wegziehen und dadurch mit dem Pinsel besser die Rückseite erreichen.

Zuletzt wurde der Sitz mit einem hellbraunen Washing versehen, die Holzstrukturen mit Buntstiften aufgemalt und ein leichtes Drybrushing aufgebracht.

Fazit: Ein hartes Stück Arbeit, aber ich denke, es hat sich gelohnt.

Karsten Rummer, Zittau (2008)