Junkers Ju 87B

Heller 80388 - 1/72

Vorbild: In den 1930er Jahren wurde die Idee des Sturzkampfflugzeugs unter der Schirmherrschaft von Ernst Udet auch in Deutschland sehr stark propagiert und die Junkers Ju 87A schließlich in Spanien erprobt. Die mit einem stärkeren Jumo 211 ausgerüstet Ju 87B konnte dann eine Waffenlast von 1000 kg tragen. Ab 1939 kam sie zum Einsatz. Bei Junkers in Dessau wurden nur 550 Ju 87A und B gebaut. Danach übernahmen das andere Unternehmen.

Bausatz: 1972 entschloss sich der französische Hersteller sein Angebot an Militärflugzeugen um eine der bekanntesten deutschen Maschinen zu ergänzen. Während der Blütezeit des Plastikmodellbaus für ein aufstrebendes Unternehmen sicherlich keine schlechte Entscheidung. Außerdem war es durchaus an der Zeit Airfixs ersten Stuka-Bausatz in 1/72 zu ersetzten, der streng genommen bestenfalls eine Verkleinerung des recht simplen Quaterscale-Kits von Lindberg darstellte. Das Ergebnis konnte sich durchaus sehen lassen und sollte für Jahrzehnte im Angebot bleiben.

Der Bausatz verfügt (bis zum Erscheinen des HobbyBoss Bausatzes als einziger!) über ein Klarsichtteil für das Rumpfboden-Fenster. Daneben warteten die 61 Teile mit Details, wie einem Armaturenbrett mit erhabenen Konturen, einem Steuerknüppel, dem Hocker für den Bordschützen/Funker sowie Lärmgeräten auf. Somit konnte erstmalig im Standardmaßstab ein halbwegs authentisches Cockpitinnere angepeilt werden. Selbst bei heutigen Modellen gibt es nicht mehr als Hellers insgesamt sechs Teile. Trotz einfacherer Gestaltung stellte dies seinerzeit einen riesengroßen Schritt nach vorn dar. Ein Fahrwerk mit separaten Rädern oder die Ju-87-typische Abweisergabel für die Bombe und ein Landescheinwerfer waren ebenfalls willkommene Verbesserungen. Selbiges gilt auch für den hier endlich einmal als Einzelteil ausgebildeten Spinner. Somit waren alle Zutaten für einen soliden Basisbausatz vorhanden, zumal auch die Oberflächendetails durchaus zu überzeugen vermochte.

Allerdings wäre ein weniger an Nieten mehr gewesen. Die unzähligen Nietköpfe wurden aber so fein ausgebildet, dass sie nicht überdimensioniert erscheinen und man sie formentechnisch selbst heute nicht kleiner hinbekommen kann! Ein paar Mal mit einem scharfen Hobbymesser an den problematischen Stellen, wie Seitenruderfläche bzw. - finne entlang geschabt entschärft das Ganze. Man sollte Anfälle von Nietenzählerei getrost vergessen. Insbesondere deshalb, weil es ein Fehler wäre zu glauben, es hätte sie am Original in diesem Umfang nicht gegeben! Einige Einzelheiten, wie etwa die beidseits symmetrischen Trittleisten zum Begehen der Flügelwurzeln, sind zwar unkorrekt, dennoch kann sich die Außenhautgestaltung sehen lassen. Auch die erstmals dreiteilig ausgeführt Cockpitverglasung war schon recht modern konzipiert.

Alles in allem also ein wichtiger Baukasten, könnte man nun meinen. Weshalb hat er aber nie die Verbreitung erfahren die ihm gebührt hätte? Abgesehen davon, das er Vielen nahezu gänzlich unbekannt sein dürfte, fristete er stets nur ein Mauerblümchendasein. Was jedoch mit Sicherheit nicht allein auf die wechselvolle Firmengeschichte Hellers zurückzuführen ist.

Der tatsächliche Grund liegt im einzigen großen Manko des Bausatzes: Das Modell ist nicht maßstabsgetreu! Es bewegt sich irgendwo zwischen 1/72 und HO. Denn konkreten Anlass dafür herauszubekommen dürfte schwierig werden, die Kartongröße war's jedenfalls nicht, zumal man in die zuletzt angebotene Schachtel problemlos einen zweimotorigen Bomber hätte packen können. Dioramen-Freunde sollten beim gemeinsamen Foto mit anderen Modellen etwas aufpassen und ihren Heller-Stuka besser in gebührendem Abstand zu anderen 1/72 Produkten platzieren.

Bemalung: Zu klein geraten ist auch der karge Decalbogen, da es darauf neben den Hoheitsabzeichen und der Kennung nur zum Geschwaderwappen reichte. Wartungshinweise u.a. sucht man vergebens. Ein anderes Problem wäre die als Vorbild gewählte "Anton -Marta" selbst. Für Kenner kann dieses Flugzeug mit seiner gelber Motorverkleidung als auch dem Seitenruder nur eine Maschine darstellen, die am Balkanfeldzug teilgenommen hat. Dies galt aber offensichtlich nicht für den Grafiker, der gerade diesen Stuka für die farbige Vierseiten-Darstellung in der ehrwürdigen Profile-Publication-Buchreihe erkor. Offensichtlich glaubte er, diese müsse genau wie die solchermaßen dekorierten Bf 109, an der Luftschlacht um England teilgenommen haben.

Immerhin war er aber Insider genug hier keine Splittertarnung zu präsentieren. Auch zeigt seine Darstellung passenderweise eine frühe B-1-Baureihe. Hellers Modell stellt demgegenüber aber eine B-2 dar. Das ursprüngliche Schachtelbild berücksichtigte diesen Umstand und erschien später sogar als Rückseite einer Waffenarsenal-Broschüre. Wie auch immer, da uns Heller als einzige Angabe zu ihrer Bemalungsskizze lediglich die Staffelzugehörigkeit offeriert, hat man wohl nur die während des "Unternehmen Marita" als Sichtschutz verwendeten schwarzgrünen "Splitter" einzuzeichnen vergessen. Diese fehlen auch auf der neuen Boxart, die möglicherweise einst hauptsächlich deshalb notwendig geworden war, weil auf der ersten die in Deutschland verbotenen Symbole des Dritten Reiches dargestellt waren.

Fazit: Spätestens nachdem Airfix Hellers Stuka mehr oder minder auf den 1/72 Maßstab vergrößerte, dürfte sie endgültig zum reinen Sammlerobjekt geraten sein. Obwohl es eigentlich ein durchweg solide gemachter und anfängerfreundlicher Bausatz ist, der nur wenige Sinkstellen und nicht viel Gussgrat aufweist.

N. (Februar 2017)