Messerschmitt Me 262 A-1a/U4

Hobby Boss No. 80372 - 1/48

Vorbild: Zur Me262 ist bereits Vieles geschrieben worden, deshalb beschränke ich mich hier auf diese speziell bewaffnete Variante. Trotz anfänglicher Konzentration auf Bomberprojekte, sollte die Me262 auch als Jäger eingesetzt werden, insbesondere angesichts der riesigen, ihre Last auf Mitteleuropa abladenden, Bomberströme. Adolf Hitler unterstützte bzw. forderte dabei die Verwendung großkalibriger Waffen die eine große Wirkung von Außerhalb der Bordwaffenreichweite der Bomber entfalten konnten.

Zur Auswahl standen die 50mm MK214A von Mauser und die 55mm MK112 von Rheinmetall-Borsig. Letztere besaß eine höhere Kadenz, aber eine geringere Schussweite, weshalb der Einbau der MK214A bevorzugt wurde. Die V2 dieser Waffe wurde in die W.Nr.111899 eingebaut, welche somit zur Me 262 A-1a/U4 wurde. Dazu wurden die anderen Bordwaffen ausgebaut, was in etwa dem gleichen Gewicht entsprach. Das Rohr der Kanone ragte ungefähr 2 Meter nach vorne aus dem Rumpf heraus. Damit die Kanone in den Bug passte, musste auch das Bugrad umkonstruiert werden. Dieses dreht nun beim Einziehen um 90°, so dass es eingezogen unter der Waffe liegt.

Am 19. März 1945 machte Chefpilot Karl Baur mit dieser Maschine seinen Erstflug (einfliegen am 18. durch Lindner). Insgesamt führte er 19 Erprobungsflüge durch und feuert 47 Schuss am Boden und 81 in der Luft ab. Am 5. April wurde die Maschine an Major Wilhelm Herget zur Einsatzerprobung übergeben. Nach mehreren Übungsschüssen gegen Bodenziele flog Herget das Flugzeug am 16. April bei zwei Einsätzen gegen amerikanische Bomber, wobei jedoch jeweils die Kanone versagte.

Eine zweite Me 262, die W.Nr. 170083 wurde mit der MK 214 V3 ausgerüstet. Es ist unklar, ob dieses Flugzeug noch mit Kanone geflogen worden ist, bevor es im Mai von amerikanischen Truppen erbeutet wurde. Das Flugzeug wurde zunächst „Wilma Jeanne“ und später „Happy Hunter II“ getauft. Sie stürzte über Frankreich bei einem Überführungsflug von Melun nach Cherbourg ab, wobei sich der Flugzeugführer Ludwig Hoffmann unverletzt mit dem Fallschirm retten konnte.

Ein weiteres Flugzeug wurde im Bau in Augsburg gefunden. Diese mit MK214 bewaffnete Me262 Variante sollte als Me262E-1 in Serie gehen und mit dem Kreiselvisier EZ42 ausgestattet werden. (Smith/ Creek: "Me 262 Erprobung und Einsatz" S.49 f.)

Bausatz: Der stabile Stülp-Karton enthält 5 graue und zwei klare Spritzlinge mit sehr schön gravierten und detaillierten Teilen zum Bau einer Me 262A-1 U/4. Die Gravur wird einigen etwas zu stark erscheinen, aber mir gefällt sie so ganz gut und sie ist randscharf ausgeführt. Einige Details sind etwas übermäßig hervorgehoben (z.B. die je 4 erhabenen Produktionshilfen rechts und links am Rumpf). Auch die Nietenreihen werden wohl nicht jeden begeistern können, ich finde sie allerdings noch im Rahmen. Der Rumpf ist auch von innen strukturiert und die Wartungsklappe ist geöffnet und liegt separat bei.

Der Fahrwerksschacht mit Cockpitwanne ist toll detailliert und begeistert durch filigrane Teile und gute Kostruktionsideen … teilweise sogar besser als bei Tamiya. Das Teil des Bugfahrwerksschachtes liegt alternativ als Plastik- und Metallteil bei. Letzteres passt einwandfrei! Auch bei diesem Modell gibt es wieder keine separaten Vorflügel, aber das hat ja noch keiner der Me 262 Modelleure hinbekommen ….

Im ersten Anschein erinnert das Modell an die Tamiyaform, wobei mir von einem befreundeten Modellbauer versichert worden ist, dass das Modell eher vom 1/32er Trumpeterkit abstammt. Hier ist auch die Kabinenhaube wesentlich besser getroffen als von Japans Premiummarke. Die einzige seltsame Formgebung betrifft den Rumpf vor und hinter dem Fahrwerksschacht. Nicht nur nach meiner Meinung sollte der Rumpf hier eher flach und nicht so stark konkav sein. Dies ist aber schwer auf den Vorbildfotos zu erkennen und auch am Modell werden die Triebwerksgondeln meist den Blick verwehren.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt betrifft das Seitenleitwerk. Die Vorbildfotos der V083 bzw. „Wilma Jeanne“ zeigen deutlich, dass das untere Ende mit einer klaren Abdeckung für das Hecklicht ausgestattet ist. Wer es genau nimmt, muss hier die Ecke an der Gravur aussägen und durch Klarmaterial ersetzen. Von der W.Nr.111899 zeigen die Fotos diesen Bereich nicht und der Künstler hat das Profile dieser Maschine in o.g. Buch perspektivisch dargestellt, so dass dieser Bereich nicht einsehbar ist...



Die Abziehbilder sind typisch chinesisch und lassen optisch nichts zu wünschen übrig … die Verarbeitung war aber bisher bei meinen Versuchen immer anspruchsvoll. Nur eine Bemalungsvariante ist angegeben. Diese ist mit „Happy Hunter II“ betitelt. Der Bausatz enthält aber nur Markierungen für „Wilma Jeanne“. Daraus lässt sich natürlich auch die deutsche Maschine ohne „Kosenamen“ bauen. Die W.Nr. 111899 hatte offenbar keine Markierungen (jedenfalls habe ich dazu bisher keine Informationen gefunden), was wegen der Abgabe an den JV 44 zur Einsatzerprobung schon etwas seltsam ist. Mit der noch unbemalten, gespachtelten Nase macht diese Version aber schon etwas her (siehe Smith Creek und für den Lebenslauf der Maschine: „Me 262 Production Log“).

Fazit: Dies ist mal wieder ein HobbyBoss Bausatz der besseren Sorte. Wie immer habe ich schon mal etwas mit dem Bauen angefangen und bisher passt alles sehr gut und diverse konstruktive Lösungen gefallen mir. Die Detaillierung ist toll und der Bausatzpreis dürfte hierzulande deutlich unter der japanischen Konkurrenz liegen. Die Formgebung der Rumpfunterseite fällt hoffentlich am fertigen Modell nicht zu sehr auf bzw. ins Gewicht. Alles in allem: Empfehlenswert!

Bezug: Erhältlich sind die Bausätze im gut sortierten Fachhandel oder direkt bei I.B.G. Modellbau ibgmodellbau.de

Steffen Arndt, Ettlingen (September 2010)

Literatur

Me 262. Erprobung und Einsatz
J. R. Smith, Eddie J. Creek,
Heel 2001
ISBN 3898800164
Messerschmitt Me 262: The Production Log 1941-1945
Dan O'Connell
Classic Publication 2005
ISBN 1903223598